Gin erfährt seit der Jahrtausendwende eine immer stärkere Beliebtheit. Ausgehend von den klassischen Wacholderspirituosen, deren Geschmack vor allem den kleinen Beeren selbst geschuldet war, entwickeln sich seit einigen Jahren viele verschiedene Kreationen, die dem ersten Eindruck nach nicht mehr nur zum reinen Mischen eines Gin Tonics verwendet werden können.

Der klare Tropfen wird mittlerweile in vielen Ländern gebrannt. Unter Zuhilfenahme von Kräutern, Blüten und sonstigen Pflanzenteilen (den sogenannten Botanicals) wird dem Gin sein Charakter gegeben. Vom reinen Wacholdergeschmack geht ein Gin in würzige, florale, zitruslastige und noch viele weitere Aromen über. Maßgeblich ist aber in jedem Falle die Grundnote der Wacholderbeere – sie ist ausschlaggebend für einen Gin.

Nicht nur pur ist Gin ein Genuss. Dank seiner Vielfältigkeit hat er viele mannigfaltige Begleiter gefunden. Nicht nur diverse Tonic Water stehen hier zur Auswahl. Auch als Cocktail oder durch die Beigabe von verschiedenen Botanicals lassen sich neue Varianten und Aromen entdecken.

Um hier einen besseren Überblick zu erhalten und die Vielfalt des Gins besser kennen und einordnen zu lernen, ist ein Gin Tasting eine gute Möglichkeit. Dieses kann daheim unter Eigenregie oder unter Anleitung eines Experten stattfinden kann. Im Folgenden geben wir einige Tipps für die Durchführung eines privaten Tastings und erklären die Unterschiede zu einer geführten Gin Verkostung.


Gin Tasting privat Zuhause durchführen

Ein Gin Tasting Zuhause durchzuführen, ist ohne Weiteres möglich. Alle nötigen Utensilien kann man online – und je nach Wohnort auch stationär – erwerben. Und auch Informationen über den Ablauf und ein Erlernen der Begrifflichkeiten ist möglich, wenn man sich ein wenig in das Material einarbeit. Jedoch ist ein Gin Tasting zuhause am ehesten für einen Kreis geeignet, in dem sich ohnehin ausschließlich Gintrinker tummeln.

Was benötige ich?

Natürlich: für ein Gin Tasting daheim wird Gin benötigt. Bei der Auswahl ist es wichtig, dass die Gins sich voneinander gut unterscheiden. Schließlich bieten verschiedene Gins auch starke Kontraste untereinander und genau um das Kennenlernen dieser Vielfalt geht es.

Dabei sollten für ein Gin Tasting nicht weniger als drei verschiedene Gins herangezogen werden. Allerdings sollten es auch nicht zu viele werden, denn der Gin muss für ein Tasting ja auch noch getrunken werden. Mehr als zehn verschiedene Gins an einem Abend zu verkosten, ist nicht empfehlenswert. Da es zunehmend schwieriger wird, die Aromen der einzelnen Gins zu identifizieren, würde ich die Anzahl auf maximal 5-6 Gins begrenzen.

Neben Gin sollten noch ein paar weitere Dinge auf die Einkaufsliste gesetzt werden, sofern sie noch nicht vorhanden sind:

Einkaufsliste
Gin (Als Flasche oder im Tasting Set)
Tonic Water
Tasting-Gläser (erhältlich ab ~10 Euro / 2 Gläser)
Weißbrot zum Neutralisieren
Mineralwasser zum Nachspülen
Bewertungsbogen / Notizzettel & Stift

Ablauf und Erklärung

Bei einem Gin Tasting geht es um das Erfassen und Beschreiben(lernen) der Nuancen, die die Spirituose zu bieten hat. Dabei gibt es zwar keine strikte Struktur, aber für einen guten Ablauf haben sich ein paar Schritte bewährt.


Schritt 1: Optik

Der Gin sollte mit etwa 2-4cl pro Person bemessen und in ein Verkostungsglas abgefüllt werden. Je nachdem, um was für einen Gin es sich handelt, sind bereits Unterschiede in der Farbgebung zu sehen. Dies trifft vor allem auf faßgelagerte Gins zu, die eine gold-braune Farbe annehmen. Schwengt man den Gin im Glas, so sind hier für das geübte Auge auch bereits Unterschiede zu erkennen. Beispielsweise ob der Gin Schlieren im Glas hinterlässt und wie seine Verlaufsstruktur aussieht.


Schritt 2: Nosing

Das eigentliche Verkosten beginnt jedoch erst mit dem Nosing. Den Gin im Glas ein wenig schwenken und dabei einige Züge des Aromas mit der Nase aufnehmen. Mancher Gin braucht ein paar Sekunden, bis er sich im Glas voll entfalten kann. Gerade bei zurückhaltenden Gins kommen die Aromen erst nach und nach zur Geltung und der Gin baut sich langsam im Glas auf. Hier sind bereits viele Aromen vorhanden, die es zu erschnuppern gilt.


Schritt 3: Verkostung

Nun erfolgt der wirklich interessante Teil: Die Verkostung. Dafür einen kleinen Schluck des Gin nehmen und diesen zunächst auf der Zunge belassen. Neben dem Alkohol werdet ihr hier zunächst eine große Vielfalt an Aromen feststellen, die es nun erst einmal zuzuordnen gilt. Besonders bestimmte Blüten, strengere Gewürze und bittere Stoffe kommen schnell zum Vorschein und drängen sich in den Vordergrund. Die Süße einiger Gins wird ebenfalls erst nach ein paar Sekunden deutlich.

Beim Schlucken erfährt man den Eindruck, den ein Gin beim Abgang hinterlässt. Die Flüssigkeit als solche ist dann gegangen, aber die Eindrücke bleiben. Durch Verflüchtigung und das anschließende Zusammenspiel aus Dämpfen und der Benetzung der Geschmacksknospen werden noch einmal letzte Aromen entfaltet, die meist so nuanciert sind, dass das Erfassen eines Gins durchaus einen Anlauf mehr benötigt – daher rühren auch die großzügig scheinenden 2 cl pro Probe.

Tipp: ein stoßendes Ausatmen, ähnlich einem Seufzer bei geschlossenen Lippen, gibt noch einmal den letzten Eindruck des Gins wieder.


Schritt 4: Geschmacksneutralisierung

Das eigentliche Tasting ist die Herausforderung. Aber damit es auch funktioniert und der Gaumen einen nicht belügt, muss man auf ein paar Dinge achten.
Zwischen den Gins muss neutralisiert werden. Wasser und Weißbrot helfen. Dabei sollte man das Brot ruhig gut kauen und anschließend noch einmal mit Wasser nachspülen.


Schritt 5: Notizen & Bewertung

Anschließend notiert ihr auf einem Blatt Papier eure Eindrücke zum Gin. Hierfür empfehlen wir euch, unseren Vordruck zu nutzen, auf welchem bereits alle relevanten Felder vorgegeben sind. Je nachdem, wie stark ausgeprägt die verschiedenen Aromen sind, macht ihr ein Kreuz an der entsprechende Stelle (1 = gering, 5 = ausgeprägt). In das Freifeld könnt ihr sonstige Kommentare wie beispielsweise die Botanicals, welche ihr mit der Nase/dem Gaumen erschmecken konntet, eintragen. Anschließend vergebt ihr eine Gesamtnote für den Gin, wobei „1 = schlecht“ und „5 = sehr gut“ entspricht.

Aber auch die Reihenfolge der Gins ist nicht unerheblich

Folgende Punkte solltet ihr beachten:

  • Gins mit einem ähnlichen Aroma sollten nicht nacheinander, sondern versetzt probiert werden
  • Gins mit einem besonderen Touch, der stark von den klassischen Interpretationen abweicht, sollten ebenfalls nicht aufeinander folgen
  • eine Pause alle zwei oder drei Proben ist sinnvoll, um den Geschmack wieder zu neutralisieren



Gin Tasting PDF

Gin Tasting Bewertungsbogen

Mit unserem Tastingbogen könnt ihr Zuhause mit Freunden und Bekannten euer eigenes Gin Tasting durchführen und die Bewertungen der Gins vornehmen, wie wir es hier auf Gintlemen.com tun. Ladet dazu einfach unseren kostenlosen Vordruck herunter, druckt ihn aus und ihr könnt starten.

Details

  • Kostenloser Bewertungsbogen
  • PDF-Datei (329 KB)
  • Bewertungsschema von Gintlemen.com

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Gin Tasting Sets für Zuhause

Es gibt Gin Tasting Sets für Zuhause, die preislich meist zwischen 25 und 50 Euro rangieren – eine Frage des enthaltenen Gins. Je nach Set ist ein passendes Tonic Water ebenfalls enthalten, welches dann auch bereits auf den Gin abgestimmt ist.

In der Regel enthalten die Sets kleine Probefläschen, die meist gerade genug Gin für zwei Personen enthalten. Sie sind also für ein gemütliches Ausprobieren des Gins zu zweit ganz gut geeignet. Bei 4 Personen sollten entsprechend zwei Sets gekauft werden.

Es mangelt dabei nicht an Vielfalt: Exotische Sets mit ausgefalleneren Gins sind ebenso erhältlich, wie länderbezogene oder klassische Sets bekannter Gins. Dabei enthalten sie meist fünf oder sechs Probefläschen und kommen aufgrund der großen Vielfalt meist ohne Referenzgin daher.

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Gin Tasting Set von Liquid Tasting

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Ideen für spezielle Tastings


Pur genießen

Gin pur zu genießen, ergibt durchaus Sinn, wenn man den Gin an sich begreifen will. Aber die wenigsten Menschen trinken ihren Gin pur und deshalb kann man durchaus auch bei einem Tasting etwas wagen – vor allem, wenn man die Gins schon kennengelernt hat.


Verkostung als Gin Tonic

Klassisch ist das Verkosten mit Tonic Water. Hier kann man das gleiche Tonic Water für jeden Gin nutzen – oder auch mal variieren und einen einzigen Gin mit verschiedenen Tonic Water kombinieren. Verschieden herbe und süße Tonic Water wirken dabei öffnend oder schließend auf Aromen. Fruchtige Gins mögen ein wenig Bitterkeit, aber würzige Gins werden durch ein bitteres Tonic gehemmt. Diese Eindrücke zu entdecken und aufzuschreiben, gleicht einer kleinen Forschungsreise.


Gin-Verkostung nach Themen

Ansonsten kann man ein Gin Tasting auch zu einem Themenabend werden lassen. Schließlich bietet Gin mit seinen verschiedenen Grundformen (maßgeblich London Gin, Dry Gin, Saffran Gin und Old Tom) auch noch seine Herkunft, bestimmte Zutaten und eine große Bandbreite an Sonderformen an. Man kann sich also durchaus in eine Nische der Ginvielfalt einarbeiten. Allerdings sollte man hier gegebenenfalls auf den Referenzgin verzichten, sofern die anderen Gins kaum vergleichbar mit ihm sind.


Gin Tasting buchen

Ein Gin Tasting kann man natürlich auch buchen. Dies wird von verschiedenen Veranstaltern angeboten und kann auch direkt in einer Brennerei – meist angeleitet von Mitarbeitern der Destillerie – stattfinden. In jedem Falle wird man bei einem solchen Tasting meist gut betreut und angeleitet.

Gin Tasting in einer Destillerie

Ein Gin Tasting kann in vielen Destillerien gebucht werden. Wie das Gin Tasting gestaltet ist, hängt stark von Destillerie ab. Da eine Destillerie in der Regel maximal 2x verschiedene Gins brennt, beschränkt sich das Tasting auf diese Gins sowie die Kombination mit verschiedenen Tonic Watern. Dabei ist ein Fachmann dabei, der nebenbei Wissen rund um die Themen Gin und das Ginbrennen vermittelt.

Zudem ist hier oftmals eine Führung durch die Destillerie inkludiert, sodass die Teilnehmer des Tastings hier die Herstellung live in Action begutachten können. So kommt man dem Gin deutlich näher, als es daheim möglich ist.

Gin Tasting bei Piekfeine Brände

Ein gutes Beispiel ist die Destillerie von Birgitta Schulze van Loon, die in Bremen unter dem Namen „Piekfeine Brände“ sowohl Tastings als auch Gin Workshops anbietet. Inkludiert ist dabei immer auch eine Führung durch die Destillerie, damit sich die Teilnehmer ein Bild von der Herstellung machen können.

Im Folgenden gibt es einen kleinen Eindruck davon, wie so ein Tasting in der Praxis aussieht.

Gin Tasting bei einem Veranstalter

Diverse Veranstalter bieten ebenfalls Gin Tastings an. Dabei gibt es eine Vielzahl an möglichen Locations: Privaträume, gebuchte Räume oder in einer ausgesuchten Bar. Entsprechende Veranstaltung sind durch geschulte Mitarbeiter geleitet, die den Abend begleiten und Fragen beantworten. Sie kümmern sich um alles, was man braucht und haben verschiedene Gins im Gepäck.

Bei ganz normalen Gin Tastings (auch einsteigerfreundlich) werden einem die Grundlagen des Gins und des Tastings an sich vermittelt. Aber es gibt auch Veranstaltungen, die sich an erfahrene Gintrinker richten und exklusivere Gins anbieten. Bei über 200 Marken alleine in Deutschland, die es momentan gibt, kann dabei jeder noch etwas Neues lernen. Schließlich wird an neuen Ginkreationen gefeilt, die ihren Weg zum Publikum noch finden müssen – unter anderem auf solchen Veranstaltungen.

Bei den Veranstaltungen rund ums Gin Tasting steht das eigentliche Tasting im Vordergrund. Da dabei keine Destillerie zu besichtigen ist, widmen sich die Teilnehmer wirklich ihrem Gin und der Bewertung des Geschmacks.

Gin und Tonic Auswahl bei einem Gin-Tasting von Miomente

Gin und Tonic Auswahl bei einem Gin-Tasting von Miomente


Miomente Gin Tasting

Miomente.de

Verfügbare Städte:
Berlin, Bonn, Mannheim, Koblenz, Dresden, Frankfurt am Main, Köln Sürth, Düsseldorf, Stuttgart, Hannover, Regensburg, Nürnberg, Bonn-Hennef (Sieg), Heidelberg, München, Köln

Ab 45 Euro pro Person auf Miomente.de



Jochen Schweizer Gin Tasting

Jochen-Schweizer.de

Verfügbare Städte:
Heidelberg, Stuttgart, München, Nürnberg, Regensburg, Heppenheim, Mainz

Ab 49 Euro pro Person auf Jochen-Schweizer.de


MyDays Gin Tasting


MyDays.de

Verfügbare Städte:
Berlin, München, Regensburg, Duisburg, Frankfurt am Main, Schwetzigen, Bochum, Dortmund, Essen, Wuppertal, Hofheim am Taunus, Köln, Nürnberg, Düsseldorf, Dornbirn, Heppenheim, Innsbruck, Linz, Koblenz, Mannheim, Nürnberg, Vils, Wien, Wetzlar, Hall, Salzburg

Ab 50 Euro pro Person auf mydays.de

Mit welchen Kosten habe ich zu rechnen?

Das Tasting in einer Destillerie schlägt in der Regel mit 60 bis 100 Euro zubuche. In anderen Ländern können die Preise natürlich variieren.

Bei einem Veranstalter hängt der Preis stark vom Setting, von den Gins und vom Veranstalter an sich ab. Ein schlichtes Tasting in einfacher Atmosphäre ist dabei günstiger als ein exklusives Event in kleiner Gruppe, bei dem auch nur exklusive Spirituosen gereicht werden.

Vorteile & Nachteile gegenüber einem privaten Tasting


Vorteile:

  • Vorbereitung entfällt: Wer ein Gin Tasting bucht, der muss nicht selber Zuhause vorbereiten. Damit entfällt auch die Frage „Welcher Gin passt eigentlich zu welchem Tonic Water?“.
  • Man muss selbst keinen Gin kaufen: Es muss kein Gin gekauft werden, der dann eventuell doch nicht gefällt. Bei einem Tasting-Set hält sich der Schaden in Grenzen, bei ganzen Flaschen ist dieser Umstand aber schon sehr praktisch. Zumal nicht jeder Gin als Probierflasche erhältlich ist.
  • Kompetente Beratung & Erklärung der Materie: Das Wichtigste jedoch ist, dass man einem betreuten Gin Tasting immer jemanden zur Seite gestellt bekommt, der Ahnung von der Materie hat und bei Fragen Antworten liefern kann. Das professionelle Verkosten sorgt dann auch dafür, dass man später mit einem geschulteren Gaumen zurück in den Alltag entlassen wird und sicherlich das eine oder andere Aroma mehr entdeckt.
  • Kontakte knüpfen: Ein Gin Tasting in einer kleinen Gruppe von Fremden eine tolle Gelegenheit, um neue Kontakte zu knüpfen. Mindestens eine Gemeinsamkeit gibt es ja zwischen allen Teilnehmern.
  • Kleine Goodies: Das Verkostungsglas der Destillerie darf oftmals behalten werden.


Nachteile:

    • Gins werden vom Veranstalter ausgesucht: Ein gezieltes Verkosten von bestimmten Gins ist meist nicht möglich und richtet sich nach der Auswahl der Veranstalters
    • Hohe Kosten: Geführte Verkostungen sind oftmals sehr kostspielig
    • Man ist nicht „unter sich“: Verkostungen werden meist in größeren Gruppen von 10-15 Leuten durchgeführt. Wer lieber alleine verkosten möchte, der ist Zuhause besser aufgehoben

Fazit & Empfehlung:

Wer sich gerade neu mit dem Thema „Gin“ beschäftigt und noch nicht so viele Erfahrungen gesammelt hat, der sollte in jedem Fall auf ein geführtes Gin Tasting zurückgreifen. Dort werdet ihr meist sehr gut in die Materie eingeführt und erhaltet viele Hintergrundinformation zur Herstellung, den Botanicals sowie den Aromen im Gin.

Wer bereits den ein oder anderen Gin probiert hat und sich im Thema schon etwas auskennt, der kann auch problemlos ein Tasting Zuhause durchführen. Dabei helfen die erhältlichen Tasting Sets, welche meist auch Empfehlungen für ein passendes Tonic Water enthalten, wenn man sich nicht selber auf die Suche begeben möchte.


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